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Inficon: Revision übertriebener Erwartungen

Inficon: Enttäuschendes Geschäftsjahr 2019

NTG24 - Inficon: Revision übertriebener Erwartungen

 

Bereits nach Vorlage bescheiden ausgefallener Zahlen zum 3. Quartal 2019 vertraten wir in unserer letzten ausführlichen Analyse zu INFICON (CH0011029946) am 17.10.  – dabei noch sehr zurückhaltend formuliert - die Auffassung, dass die Realisierung eines beharrlich beibehaltenen Umsatzziels von 400 Mio. USD sowie einer operativen Geschäftsmarge von 19 % im Gesamtjahr 2019 „unwahrscheinlich sei“. Da eine solche Ergebniserzielung im 4. Quartal das beste Geschäftsquartal in der gesamten Unternehmensgeschichte von Inficon dargestellt hätte (und dies in einem Umfeld anhaltender Konjunktureintrübungen in den meisten IT- Ausrüstungssparten sowie gerade auch in Asien / China) sahen wir schon damals das erhöhte Risiko einer erneuten Rücknahme dieser Prognosen zum 4. Quartal.

Obwohl die Aktie nach Vorlage der Zahlen zum 3. Quartal in einer rein charttechnischen Gegenreaktion (mit minimaler Behauptung unseres damals gesetzten Stop-Kurses) in den darauffolgenden Wochen stark nach oben schoss, behielten wir unsere fundamental sehr zurückhaltende Einschätzung der Geschäftslage von Inficon seither gänzlich bei.

Unsere fundamentale Skepsis fand nun dahingehend eine volle Bestätigung, dass bereits am 17.12. der Konzern seine Umsatz- und Gewinn- sowie am gestrigen 15.01. (nachbörslich) nun ein weiteres Mal seine Gewinnankündigung für das Gesamtjahr 2019 nach unten revidierte. Die Aktie korrigierte daraufhin heute in der Spitze um - 5,1 % auf einen Kurs von 750,00 CHF.

Wir stellen die Aktie, die gegenwärtig weiterhin eine Position unseres Strategiedepots AKTIEN SPEKULATIV darstellt, daher nunmehr erneut auf den analytischen Prüfstand.

 

Chart: INFICON gegen SPI – INDEX

 

Chart: Inficon gegen SPI-Index

 

Ergebnisentwicklung 4. Quartal + Gesamtjahr 2019

 

In einem ersten Schritt korrigierte INFICON, ein weltweit aktiver Spezialhersteller von Vakuuminstrumenten, Sensortechnologien und Prozesskontrollsoftware für die Automobilindustrie, Halbleiter- und Display-Produzenten, Forschungsinstitute des Verkehrs- und Gesundheitswesens sowie die Verpackungsindustrie, bereits am 17.12. die Umsatz- und Gewinnprognosen für das Gesamtjahr 2019 nach unten und rückte damit auch von seinen wesentlich optimistischeren Ankündigungen nach Vorlage der Zahlen zum 3. Quartal ab.

So wurde am 17.12. für das Gesamtjahr 2019 nur noch eine Umsatzerzielung von 380 - 385 Mio. USD (vorherige Prognose: 400 Mio. USD) sowie eine operative Margenerzielung von 17 - 18 % (vorherige Prognose: 19 %) in Aussicht gestellt.    

Die Rücknahme dieser Prognosen begründete Inficon mit einer in keiner Weise weiter spezifizierten und erläuterten Verschiebung von Großauftragsauslieferungen speziell in den Bereichen „Halbleiter- und Vakuumbeschichtungen (für Displays)“ sowie „Energie- und Sicherheitslösungen“ vom 4. Quartal 2019 in das 1. Quartal 2020 hinein.

Schon im 3. Quartal war es teilweise zu derartigen Auslieferungsverzögerungen gekommen, was vom Konzernvorstand damals lediglich lapidar mit den Worten „Was im 3. Quartal nicht ausgeliefert wurde, wird eben im 4. Quartal ausgeliefert“ kommentiert wurde.

Am gestrigen 15.01.2020 konkretisierte der INFICON-Vorstand die zurückliegenden Angaben zum Gesamtjahr 2019 schließlich dahingehend, dass der Umsatz wohl auf 382 Mio. USD (= im Rahmen der letzten Ankündigung) hinauslaufen, die operative Marge mit 17 % aber wohl nur das untere Ende der zuvor mit 17 - 18 % angegebenen Spanne erreichen dürfte. Bei Erfüllung dieser Eckdaten würde sich also in 2019 konzernweit ein Umsatzrückgang von - 7 % gegenüber 2018, gepaart mit einer erheblichen Schmälerung des Betriebsgewinns um - 20 % einstellen.

Die generelle Veranlassung zur Revision erst kurz zuvor getätigter Unternehmensprognosen, wie aber auch die offenkundige Beschönigung der aktuellen Auslieferungsprobleme bei Inficon sowie jegliche fehlende ergänzende Erläuterung, durch welche Umstände und in welcher Form diese Auslieferungsprobleme aktuell im Detail begründet sind, sind für uns - noch über die bereits unerfreuliche aktuelle Geschäftsentwicklung hinaus - allesamt weitere Faktoren, die die Glaubwürdigkeit jüngster Aussagen des INFICON-Vorstands derzeit in einem einigermaßen fragwürdigen Licht erscheinen lassen.

Gemäß unseren Analyse-Ausführungen zum 3. Quartal 2019 wie auch der vorangegangenen konkreten produkt- und regionenspezifischen Umsatz- und Gewinnaufgliederung im 1. Halbjahr 2019 gehen wir stark davon aus, dass die verhaltene Geschäftsentwicklung im 4. Quartal bei Inficon auch weiterhin vor allem den konjunkturzyklischsten Segmenten „Gas- / Beschichtungssysteme für Kühlgeräte und Automobile“ wie auch „Halbleiter- & Display-Beschichtungen“ zuzuschreiben war. Allein diese beiden Kernsparten machten im 1. Halbjahr 2019 bereits 65 % des Konzernumsatzes von Inficon aus.

Weltweit entwickelte sich der Absatz der Branche Automobile im Gesamtjahr 2019 jedoch um ca. – 6 %, bei Halbleitern um ca. – 14 % und bei Halbleiterplatten (Wafern) ebenfalls um ca. – 6 % rückläufig. Lediglich im Segment von Displays bzw. Monitoren (bei Smartphones und Spielekonsolen / -PCs klar positiv; bei klassischen PCs und Notebooks jedoch negativ) stagnierte der Weltabsatz in 2019 insgesamt weitgehend.

Regional wird vor allem das Asien-Geschäft bei Inficon mit Sicherheit auch im 4. Quartal sehr schwierig geblieben sein, nachdem hier bereits im 1. Halbjahr der Umsatz um - 24 % sowie im 3. Quartal um -19 % gegenüber dem Vorjahr eingebrochen war. Allein die Region Asien steuerte dabei per Ende Juni 2019 knapp 40 % zum Konzernumsatz von Inficon bei.

Die endgültigen Zahlen zum 4. Quartal sowie Gesamtjahr 2019 wird Inficon erst am 05.03.2020 publizieren.        

 

Aktienbewertung und Anlageurteil

 

Nach der enttäuschenden zurückliegenden Geschäftsentwicklung von INFICON wie auch den zuletzt nur wenig stichhaltigen und belastbaren Aussagen des Vorstands bleibt abzuwarten, ob sich im 1. Quartal 2020 wirklich eine so positive Umsatz- und Gewinnentwicklung des Konzerns einstellen wird, wie dies aufgrund der Aussage der „Auslieferungsverschiebung von Großaufträgen in das 1. Quartal hinein“ eigentlich zu erwarten wäre.

Bei der Bewertung der Geschäftsaussichten von Inficon gehen wir aufgrund dieser Intransparenz daher für das 1. Quartal aktuell konservativ von einer Ergebnisentwicklung aus, die das Niveau des 4. Quartals nur relativ geringfügig übertreffen dürfte.

Bereits aufgrund des sich global befestigenden Konjunkturumfelds wie auch des statistischen Basisvergleichs gegenüber 2019 erwarten wir jedoch zumindest ab Beginn des 2. Halbjahres 2020 einen spürbaren Umsatz- und Gewinnzuwachs bei Inficon, und dies vor allem getragen vom Segment der Halbleiter- und Display-Technologien.

Ein nur wenig berechenbarer Unsicherheitsfaktor wird dabei allerdings regional auch weiterhin vor allem das hoch gewichtete Asien-Geschäft des Konzerns bleiben.

Mit einem KGV (2920e) von rd. 28 halten wir die Aktie aktuell weiterhin für ambitioniert bewertet, wobei das Nettogewinnwachstum von Inficon in 2020 durch die Mehrheit der Analysten allerdings auf rd. + 18 % taxiert wird.

Der Titel bleibt vorerst auch weiterhin eine Bestandsposition in unserem Strategiedepot AKTIEN SPEKULATIV. Allerdings heben wir nach den jüngsten erneuten Umsatz- und Gewinnenttäuschungen unsere bisher bei 658 CHF gesetzte Stop Loss-Marke nun auf 676 CHF an.

 

 

16.01.2020 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de

 

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