BioNTech und Moderna: Aktien sind auf dem Höhepunkt der Euphorie
BioNTech und Moderna mit großem Rückschlagspotenzial
An der Nasdaq ziehen die Aktien der Biotech-Unternehmen BioNTech SE (ISIN: US09075V1026; WKN: A2PSR2) und Moderna Inc. (ISIN: US60770K1079; WKN: A2N9D9) das Interesse der Investoren momentan auf sich wie ein starker Magnet. So wechselten auf der elektronischen Handelsplattform alleine am gestrigen Montag mehr als 70 Mio. Anteilsscheine von Moderna ihren Besitzer. Auch bei dem deutschen Konkurrenten BioNTech gingen gestern im New Yorker-Handel mehr als 11 Mio. Papiere um.
Der momentane Kaufrausch ist bei beiden Aktien durchaus verständlich. Zum einen stehen die Chancen momentan extrem gut, dass die zwei Titel mittelfristig ein rasantes Wachstum beim Umsatz und massive Verbesserungen bei der Profitabilität erzielen werden. Zum anderen befinden sich die Kurse von beiden Anteilsscheinen in extrem steilen Aufwärtstrends, was die Erwartungshaltung befeuert, dass sich die Rallye auch weiterhin noch deutlich fortsetzen wird.
Mittlerweile extrem hohes Bewertungsniveau erreicht
Dennoch sollten die Investoren auch jetzt keinesfalls die fundamentale Analyse vernachlässigen, da in der Börsenhistorie bisher jede Euphorie lediglich von begrenzter Dauer war. Aktuell werden die Unternehmen BioNTech und Moderna mit einer Marktkapitalisierung von rund 21 Mrd. US-Dollar bzw. 38 Mrd. US-Dollar bewertet. Laut der Prognosen werden beide Firmen im kommenden Jahr 3,9 Mrd. bzw. 1,1 Mrd. US-Dollar verdienen, woraus sich zunächst optisch attraktive 2021er-KGVs von 6 bzw. 34 ableiten.
Zumindest längerfristig engagierte Investoren sollten sich aber bereits jetzt die Frage stellen, welche Geschäftsperspektiven beide Unternehmen nach dem Ende der Corona-Sonderkonjunktur haben werden. Noch in 2019 schrieben beide Firmen hohe Nettoverluste bei vergleichsweise niedrigen Umsätzen. Diese Zeiten dürften mit dem wahrscheinlichen Forschungserfolg bei beiden Firmen erst einmal vorbei sein. Des Weiteren gilt es als äußerst unwahrscheinlich, dass in den kommenden Jahren abermals eine vergleichbare Pandemie auftritt. Zudem sind andere Biotech-Firmen aktuell ebenfalls noch im Rennen um einen Impfstoff, womit sich der „Corona-Kuchen“ auf immer mehr Player verteilen könnte. Dies wäre sicherlich eine schlechte Nachricht aus Sicht der Aktionäre beider Unternehmen.
Jetzt nicht mehr auf den fahrenden Zug aufspringen
Derzeit haben beide Aktien von einer extremen Nachfrage bei einer nur begrenzten Abgabebereitschaft der bisherigen Investoren profitiert. Nach den Gesetzen der Volkswirtschaft führt ein solches Marktungleichgewicht häufig zu drastischen Kursausschlägen, wie sie kürzlich beobachtet werden konnten. Allerdings sind derzeit sehr viele kurzfristig orientierte Spekulanten bei beiden Titeln eingestiegen, die lediglich darauf warten, ihre Aktien kurzfristig an Anleger zu verkaufen, die noch weitaus mehr zahlen wollen. Dennoch sind beide Papiere mittlerweile nahezu jedem Investor durch die regelmäßige und intensive mediale Berichterstattung sehr gut bekannt, weshalb der Kapitalzufluss bei beiden Aktien bald abebben könnte.
Sollte aber der steile Aufwärtstrend bei beiden Aktien ins Stocken geraten, so dürfte dies früher oder später die kurzfristigen Zocker auf den Plan rufen, ihre Anteile zu verkaufen. In ähnlichen Situationen, die durch eine extreme Euphorie geprägt waren, kam es immer zu Kursrücksetzern. Aktuell ist noch unbekannt, wann beide Aktien zumindest in eine Korrekturphase eintreten werden. Dennoch dürften hier massive Gewinnmitnahmen nur eine Frage der Zeit sein, weshalb das Chance-Risiko-Verhältnis bei BioNTech und Moderna jetzt nicht mehr attraktiv ist. Ein alte Börsenweisheit von André Kostolany lautet: „Einer Straßenbahn und einer Aktie darf man nie nachlaufen. Nur Geduld: Die nächste kommt mit Sicherheit!“ Auch diesmal dürfte er mit seinem Zitat recht haben.
17.11.2020 - Tim Rademacher - tr@zuercher-boersenbriefe.ch
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