
In Briefen an die deutsche Bundesregierung wirbt Unicredit-Chef Andrea Orcel erneut für eine Übernahme der Commerzbank
Berlin will der Commerzbank nicht dazwischenfunken
Im Ringen um die Commerzbank schlug Unicredit-Chef Andrea Orcel vor einer Weile noch milde Töne an. Der Kurs war den Italienern zu weit gestiegen, ein Kauf für den Moment nicht mehr attraktiv. Zudem heißt es schon seit Längerem, dass eine Übernahme nicht gegen den Willen der Politik geschehen sollte. Bei der neuen Bundesregierung warb Orcel nun mit gleich drei Briefen für sein Vorhaben.
Die Briefe liegen der „Süddeutschen Zeitung“ vor und im Schreiben an Bundeskanzler Friedrich Merz werden wohl sechs konkrete Zusagen rund um die Commerzbank (DE000CBK1001) gemacht. Das fusionierte Institut solle sich darauf konzentrieren, das Wachstum in Deutschland voranzutreiben. Insbesondere der deutsche Mittelstand und Startups sollen unterstützt werden. Orcel wies dabei darauf hin, dass schon heute Drei Viertel der 200 größten deutschen Startups Kunden der eigenen Tochter Hypovereinsbank (HVB) seien.
Mit dem Thema HVB kann Unicredit in Deutschland allerdings nicht unbedingt für beste Laune sorgen. Seit der Übernahme im Jahr 2005 wurden dort 60 Prozent der Stellen gestrichen. Die Sorge ist groß, dass es der Commerzbank nach einer Fusion ähnlich ergehen könnte. Diese Befürchtung versucht Andrea Orcel zu nehmen, indem er das Festhalten am Filialnetz der Commerzbank verspricht. Zudem wolle man „im großen Stil“ in die Belegschaft investieren und dieser etwa die Möglichkeit geben, an Weiterbildungsprogrammen von UniCredit teilzunehmen.
Die Commerzbank sträubt sich weiterhin
Zu leugnen versucht Unicredit die Stellenstreichungen bei der HVB nicht. Jene hätten aber stets verantwortungsvoll und in Abstimmung mit Arbeitnehmervertretern stattgefunden, heißt es in den Briefen an die Bundesregierung. Darin betont Orcel auch, dass Deutschland keine Nachteile erfahren solle. Schon allein aus regulatorischen Gründen müssten kritische Entscheidungen über die Kreditvergabe vor Ort gefällt werden. Die Integration soll über mehrere Jahre vorangetrieben werden; die Marke Commerzbank für diese Zeit beibehalten werden.
Wo sich dann die Firmenzentrale von Commerzbank und HVB befinden könnte, diese Entscheidung soll zusammen mit der Bundesregierung und den betroffenen Bürgermeistern gefällt werden. Schließlich fragt Orcel erneut persönliche Gespräche mit der Regierung an, welche darauf jedoch eher kühl reagiert. Das Bundeskanzleramt verweist auf das Bundesfinanzmministerium, dort heißt es von Finanzminister Lars Klingbeil, dass man der Commerzbank nicht in ihre Entscheidungen reinreden wolle. Die Bundesregierung hält aktuell noch rund zwölf Prozent an der Commerzbank.
Eine klare Absage für Gespräche wurde zwar nicht erteilt. Es ist jedoch bekannt, dass sowohl Bundeskanzler Friedrich Merz als auch Vizekanzler Klingbeil einer Übernahme durch Unicredit sehr skeptisch gegenüberstehen. Den Italienern wird auch noch nachgetragen, dass jene bei ihrem bisherigen Vorgehen intransparent vorgegangen seien, wenngleich Andrea Orcel diesen Vorwurf stets von sich gewiesen hat. Unter dem Strich hat sich wenig verändert und das Übernahmepoker geht wie gewohnt weiter.
Das könnte teuer werden
Erste Ansprechpartnerin für Andrea Orcel bleibt Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp, die im Vorfeld allerdings ein genaues Konzept erwartet, in dem etwa die zukünftige Struktur und Preisvorstellungen Erwähnung finden. Das ist Unicredit aber schon zu nahe an einem tatsächlichen Übernahmeangebot dran. Es scheint also, als würde für den Moment keiner der Beteiligten so richtig zusammenfinden. Orcel erwähnt noch, dass Gespräche auch dann notwendig seien, sollte eine Übernahme nicht realisierbar seien.
Erinnert an die Übernahmeavancen werden die Anleger, die darauf sehr erfreut reagieren. Die Commerzbank-Aktie stieg am Mittwoch um drei Prozent auf 27,51 Euro. Das Interesse der Italiener ist einer der wesentlichen Kurstreiber bei dem Papier. Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp setzte zudem bei ihrer Verteidigungsstrategie mit großzügigen Ausschüttungen bewusst darauf, den Aktienkurs weiter in die Höhe zu treiben, und das bisher mit großem Erfolg. Absehbar ist, dass das Vorhaben für Unicredit im Fall der Fälle nicht billig werden dürfte. Die Bewertung der Commerzbank liegt mittlerweile deutlich über 30 Milliarden Euro.
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03.07.2025 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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