
Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW müssen wieder zittern, während US-Hersteller wie Ford potenzielle Vorteile in der EU erfahren könnten
Auf sinkende Zölle warten europäische Autobauer bisher vergeblich
Als die EU sich im vergangenen Monat mit den USA auf einen Zolldeal einigen konnte, war die Erleichterung im Autosegment zunächst groß. Auch wenn die Abmachung von Experten zuweilen als Kniefall der EU vor Trump eingeschätzt wurde, so war darin doch immerhin enthalten, dass Zölle für Autoexporte in die USA von bisher 27,5 auf künftig 15 Prozent sinken würden. Passiert ist allerdings bisher nur erstaunlich wenig.
Geknüpft haben die USA das nun an zusätzliche Bedingungen, die es durchaus in sich haben. Gesenkt werden sollen Autozölle erst dann, wenn die EU Zölle für die Einfuhr amerikanischer Industriegüter auf Null absenkt. Die EU-Kommission strebt nun an, ein entsprechendes Verfahren noch vor Monatsende auf den Weg zu bringen, um so eine Zollsenkung rückwirkend ab 1. August zu erreichen. Volkswagen (DE0007664039) wäre dafür mit Sicherheit dankbar.
Die Aktie der Wolfsburger schlug sich zuletzt wieder besser mit Zugewinnen von 12,3 Prozent sei Monatsbeginn. Doch die Aufwärtsbewegung ist knapp über 100 Euro schon wieder ins Stocken gekommen und sollte sich bei den US-Zöllen nicht bald etwas tun, könnte sich viel Vorfreude wieder in Wohlgefallen auflösen. Problematisch ist für den Moment, dass sich wieder einmal zeigt, wie unzuverlässig die USA dieser Tage bei ihren Absprachen sind.
Mercedes-Benz bleibt nicht verschont
Die gemeinsame Erklärung von USA und EU ist in keiner Weise rechtsverbindlich und Trump droht immer wieder munter, sollten seine Forderungen nicht zeitnah umgesetzt werden. Dazu gehört auch, für US-Konzerne „Flexibilitäten“ beim CO2-Grenzausgleich zu schaffen, einen bevorzugten Marktzugang für bestimmte Lebensmittel aus den USA zu schaffen und in der EU amerikanische Standards für die Zulassung von Fahrzeugen anzuerkennen. Das sind recht weitreichende Forderungen, und alles im Austausch für einen geringeren Zollsatz als zuletzt, der aber noch immer sehr viel höher ist als vor Trumps Amtsantritt.
Selbst wenn die EU sich auf sämtliche Forderungen einließe, würde die Unsicherheit kaum verschwinden, und das ist auch für Mercedes-Benz (DE0007100000) ein potenzielles Problem. Wann immer Donald Trump eine Laus über die Leber läuft, könnte es spontan wieder höhere Zölle geben. Selbst im Falle fester Verträge, die bisher nicht geschlossen wurden, wäre es wohl fraglich, wie sehr sich Trump solchen verpflichtet fühlen würde, wo er doch nicht einmal die eigene Verfassung adäquat würdigt.
Kein Problem für BMW?
Wohl dem, der von US-Zöllen in diesen Tagen etwas unabhängiger ist. Nachgesagt wird dies unter anderem BMW (DE0005190003) und es wird an den Märkten mit als ein Grund dafür angesehen, dass die Aktie sich im laufenden Jahr erstaunlich gut entwickeln konnte. Am Donnerstag ging es mit 90,42 Euro und damit nur knapp unterhalb des 52-Wochen-Hochs bei 91,64 Euro aus dem Handel.
Vollkommen frei von Sorgen ist allerdings auch BMW nicht und die kleine Rallye ist zu weiten Teilen auf Hoffnungen auf die „Neue Klasse“ zurückzuführen, mit der laut Konzernabgaben im September eine „neue Ära“ starten soll. Ob damit Absatzprobleme in China egalisiert werden können und Zollsorgen zur Nichtigkeit mutieren, bleibt wohl noch abzuwarten. Momentan tut der Aktie in erster Linie neue Hoffnung gut.
Eine Chance für Ford?
Kommt es wie von Trump gewünscht, könnte auf die hiesigen Autobauer allerdings auch eine weitere Bedrohung zukommen. Durch die Zollfreiheit hätten US-Hersteller einen neuen Trumpf in der Hand, was Unternehmen wie Ford (US3453708600) mit Sicherheit nur allzu gerne ausspielen würden. Auch Vereinfachungen bei der Zulassung würden es dem US-Konzern einfacher machen, mit den etablierten europäischen Marken zu konkurrieren. Zuletzt hatte Ford damit arge Probleme und schob vor allem einen intensiven Sparkurs in Europa an.
Euphorie herrscht unter den Anlegern zwar noch nicht unbedingt. Doch die Fors-Aktie konnte sich seit ihren Tiefständen im April bereits sichtlich erholen. 9,75 Euro standen hierzulande zu Handelsschluss am Donnerstag auf dem Ticker. Das sind 25 Prozent mehr als noch Anfang April. Donald Trump will mit der Brechstange Vorteile für US-Unternehmen erwirken, und er scheint damit tatsächlich einige Erfolge zu feiern, wenn auch mit ungewissen Folgen für die eigene Wirtschaft.
Chaotische Zeiten
Die Verhandlungen mit einem narzisstischen US-Präsidenten, dem die eigene Selbstdarstellung offenkundig wichtiger ist als jeder Vertragsinhalt, gestalten sich schwierig und wieder einmal zeigt sich, dass auf wenig wirklich Verlass ist. Für europäische Autobauer geht damit das Zittern vermutlich noch weiter und es ist nicht auszuschließen, dass die Freude über geringere Zölle schon bald in Katerstimmung umschlägt. Erhöhte Vorsicht ist aus Anlegersicht nicht fehl am Platz.
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22.08.2025 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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