BOEING: Was ist die Aktie ohne die 737 Max wert?

Ein kleines Worst-Case Szenario

 

Wie geht es nun weiter mit BOEING und lohnt es sich die Aktie zu halten bzw. zu kaufen? Sicher ist erst einmal, BOEING ist sehr viel mehr als nur die 737 Max. Aber solange die Frage offen bleibt wie es mit der 737 Max weitergeht und wann die Maschinen wieder fliegen dürfen, sollte einmal darüber nachgedacht werden wieviel BOEING ohne die 737 Max noch wert sein darf. Zwar ist es schwer abzuschätzen, was mit dem Gewinn und dem Aktienkurs von BOEING passiert sollte die 737 Max tatsächlich nie wieder den Boden verlassen, aber wir werden es einmal versuchen:

In einem No-MAX-Szenario könnte BOEING die seit 1997 produzierte 737 NG-Model, den Vorgänger der MAX, weiter herstellen. Preise und Marktanteile würden leiden, aber die 737 NG ist eine gute Rettungsoption solange kein Nachfolger der 737 Max realistisch ist. Das Entwerfen, Genehmigen und Planen von Flugzeugen dauert bekanntlich in der Regel viele Jahre, und der Bestand an Bestellungen für die 737 MAX erstreckt sich über mehrere Jahre, sodass ein fliegender Wechsel von 737-Max zu einem besseren Nachfolgemodell nahezu unmöglich ist.

Die Preisgestaltung von Flugzeugen hängt von der Leistung und Effizienz ab. Kommerzielle Luftfahrtunternehmen können mangelnde Effizienz und Reichweiten teilweise durch Abzinsung von Flugzeugen im voraus ausgleichen. Aber die daraus resultierenden niedrigeren Preise würden die Gewinnaussichten von BOEING negativ beeinträchtigen. BOEING hätte zwar noch die bewährten schmalen Modelle im Programm die auch noch immer sehr gefragt sind, aber es dürfte nicht reichen den Verlust vollständig zu kompensieren. Konkret:

Es gibt an der Wall Street Schätzungen nach denen BOEING mit jedem verkauften MAX-Jet etwa 1% des Gewinns je Aktie erzielt. Das entspricht ungefähr 5 Mio. US-Dollar pro Flugzeug. Darüber hinaus bedeutet 1 Cent, dass BOEING derzeit jedes Jahr etwa 6 bis 7 US-Dollar pro Aktie verdient. Die aktuellen Gewinnschätzungen BOEING liegen z.Zt. noch bei 25 US-Dollar pro Aktie per 2021. Folge:

Wenn der Börse nur die Erträge aus dem Service-, Verteidigungs- und Großraumgeschäft zur Rechtfertigung des Aktienkurses übrigbleiben, müsste der Aktienkurs nach diesen Berechnungen bis auf 250 bis 300 US-Dollar fallen um den dann fairen Wert darzustellen. Aktuell liegt der Kurs bei 345 US-Dollar.

Dies ist zwar alles etwas theoretisch und deswegen auch ein Grund warum die Aktie eine relative Stärke ausweißt. Aber diese Überlegung gibt Aufschluss darüber wie groß das verbleibende Kursrisiko ist für den Fall dass die 737 Max am Boden bleibt. Entscheidend für die kurzfristige Ertragsstabilität und die mittelfristige Perspektive dürfte BOEING’s Großraumjet-, Verteidigungs- und Dienstleistungsgeschäft sein, welche zumindest im zweiten Quartal für einen Ausgleich zum 737-Ausfall gesorgt hatten.

Die Ratingagentur Fitch geht bereits davon aus, dass die Probleme der 737 Max noch bis ins kommende Jahr anhalten und bis zur Wiederzulassung die fortschreitende Produktion der Jets viel Kapital bindet. Risiken durch Rechtsstreitigkeiten und Ermittlungen sowie höhere Ausgleichszahlungen an betroffene Fluggesellschaften täten ihr übriges. 

Unser Urteil: Wir sind der Auffassung das BOEING noch ausreichend Zeit zur Verfügung steht um die 737 Krise zu bewerkstelligen. Die Börse sieht das wohl ähnlich da die Konsolidierung zwischen 310 und 370 US-Dollar noch sauber abläuft. Allerdings: je länger sich die Wiederinbetriebnahme der 737 Max hinauszögert, desto schwieriger wird es dem Markt fallen den Kurs zu halten. Solange der Wert sich in der oben eingezeichneten Bandbreite halten kann, gibt es u.E. keinen Grund zur Sorge. Erst ein Durchrutschen unter 310 US-Dollar signalisiert Gefahr im Verzug. 

 

29.07.2019 - Jens Bernecker - jb@ntg24.de

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