
Lidl senkt Preise auch bei Artikeln von Nestlé, Beiersdorf könnte es auch treffen, Amazon bereitet sich auf die nächste Rabattschlacht vor, doch Walmart rechnet weiter mit steigenden Preisen
Lidl sorgt mit Preissenkungen für Furore, was auch an der Börse Spuren hinterlassen könnte
Der Discounter Lidl wirbt seit neulich mit der „größten Preissenkung aller Zeiten“ und hat damit einen Nerv getroffen. Nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch in nahezu allen großen Tageszeitungen wird das Thema aufgegriffen und eifrig kommentiert. Die Konkurrenten Aldi und Norma reagierten bereits und kündigten ihrerseits Preissenkungen an, die zum Teil schon geschehen sein sollen. Fast scheint es, als würde im deutschen Lebensmittelhandel wieder echte Konkurrenz herrschen.
Das kann den Verbrauchern nur recht sein, doch gibt es auch kritische Stimmen, etwa aus der Landwirtschaft. Dort heißt es, Tierwohl und Nachhaltigkeit seien mit sinkenden Preisen nicht vereinbar. Nestlé (CH0038863350) könnte sich vermutlich ebenfalls bessere Nachrichten vorstellen. Zwar sind nur vereinzelte Produkte des Schweizer Lebensmittelgiganten betroffen und die Rabatte im Regal haben freilich keine Auswirkungen auf die Preise, die Lidl an Großhändler zahlt.
Den aufkommenden Preisdruck ignorieren kann Nestlé allerdings nicht, wenn die Absatzzahlen mittelfristig nicht (noch mehr) unter Druck gesetzt werden sollen. Seit Längerem schon kämpft Nestlé mit Zurückhaltung unter Verbrauchern; die Umsätze konnten zeitweise allein durch höhere Preise gesteigert werden. Solche in Deutschland umzusetzen, während die Händler im großen Stil die Werbetrommel für Rabatte rühren, könnte sich als schwierig erweisen. Bisher reagierte die Aktie allerdings nicht weiter und ging mit einigermaßen ansehnlichen 87,70 CHF ins Wochenende.
Muss Beiersdorf jetzt zittern?
Weder Lidl noch andere Einzelhändler veröffentlichen vollständige Listen mit ihren Preissenkungen. Es lässt sich daher nicht überprüfen, welche Produkte betroffen sind und wie hoch die Rabatte im Einzelfall ausfallen. Auffällig ist beim verfügbaren Werbematerial jedoch, dass sich die Preissenkungen zum allergrößten Teil auf Eigenmarken beziehen. Der Anteil dürfte sich schätzungsweise auf 80, wenn nicht gar 90 Prozent belaufen, ausgehend vom verfügbaren Werbematerial.
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Das könnte für Beiersdorf (DE0005200000) indirekt zum Problem werden. Schließlich erfreuen sich Eigenmarken seit den Jahren mit hoher Inflation größerer Beliebtheit. Eben dieser Trend könnte sich weiter verfestigen, wenn die Markenhersteller nicht reagieren. Beiersdorf verfügt zwar über einige starke Marken wie Nivea, die im Wettbewerb auch höherpreisig bestehen. Das trifft aber längst nicht auf alle Produkte zu. Neuen Gegenwind kann die Beiersdorf-Aktie momentan überhaupt nicht gebrauchen, die erst kürzlich mit Mühe und Not eine Stabilisierung rund um die 120-Euro-Marke auf die Beine stellen konnte.
Amazon lädt zum Prime Day ein
Während Lidl vorlegt, ist bei Amazon (US0231351067) die nächste Rabattschlacht bereits fest eingeplant. Mitte Juli lädt der Online-Händler mal wieder zum Prime Day und will mit besonders attraktiven Angeboten neue Mitglieder für seinen Abo-Dienst werben und vielleicht einigen bestehenden Abonnenten einen Grund zum Bleiben geben. Wie gewohnt ist im Vorfeld nicht bekannt, welche Warengruppen rabattiert werden könnten. Der Zeitpunkt ist allerdings aus Anlegersicht interessant.
Setzt sich der Preiskampf im deutschen Einzelhandel fort, so könnte Amazon mit dem Prime Day die Erwartungshaltung der Verbraucher weiter anheizen und vielleicht könnte dies der Tipping Point sein, durch den die Preiskämpfe auch in den Online-Handel überschwappen. Zugegebenermaßen ist das sehr spekulativ. Doch das Sentiment der Verbraucher spielt nicht selten eine entscheidende Rolle für Hersteller und Händler. Auf die Amazon-Aktie hat es freilich keinerlei Einfluss. Jene steht voll und ganz im Zeichen von Cloud und KI, was ihr zuletzt allerdings nicht zu neuen Höchstständen verhelfen konnte.
Walmart: Hoch die Preise?
Für ein allgemeines Nachlassen der weltweiten Inflation sind Preissenkungen bei Lidl noch lange kein Indikator. Ein stärkeres Signal wären da schon entsprechende Aktionen des US-Giganten Walmart (US9311421039). Dort geht es jedoch in die andere Richtung. Laut einigen Medienberichten sind die Preise für über 4.000 Artikel im Mai gestiegen. Walmart kündigte vor zwei Wochen an, dass dies geschehen werde und begründete dies mit Trumps Zöllen.
Ein besonders drastisches Beispiel ist ein T-Rex-Spielzeug, welches nun für 55 statt zuvor 20 US-Dollar angeboten wird. Da hilft es auch nicht, dass Trump gerade mal wieder spontan mit weiteren Zollerhöhungen bei Stahl und Aluminium droht. US-Verbraucher werden sich wohl weiterhin auf steigende Preise einstellen müssen, was Walmart das Leben nicht einfacher macht. Dennoch halten die Aktionäre der Aktie die Treue. Zum Wochenende reichte es für 98,72 Dollar und damit gut 50 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Die Erwartung hier ist vielleicht auch, dass Walmart in Zeiten steigender Preise von seinem Image als günstiger Händler profitieren und Marktanteile gewinnen kann.
Der Preis ist heiß
Jahrelang schien es, als würden Preise nur den Weg nach Norden kennen. Doch nachdem China schon seit Längerem mit einer hartnäckigen Deflation zu kämpfen hat, scheint der Trend auch anderswo anzuhalten oder gar umzukehren. Spannend wird zu sehen sein, ob die Entwicklung bei deutschen Lebensmittelhändlern ein erstes Signal für einen neuen Trend ist oder doch eher eine Ausnahmeerscheinung. Anleger behalten das Ganze im Auge, reagieren aber nicht panisch.
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29.05.2025 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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